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Risiken erkennen und in Chancen verwandeln

Risiken erkennen und in Chancen verwandeln

Liebe Leser:innen,

nach dem letzten Blogbeitrag bekam ich Zuschriften, dass die psychologischen Fallstricke bei Klimakrisiken den Leuten gar nicht so bewusst sind und das Wissen um diese hilft, Bedrohungen besser einordnen und auch Chancen und Potentiale nutzen. Das freut mich! Wie versprochen, geht es in dieser Ausgabe nun um die konkrete Evaluierung von Risiken und entsprechende Gegenmaßnahmen.

Wo beginnt man beim Thema Risiko?

Ja, auch dieses Thema ist Chef:innen-Sache. Keine Sorge, als Unternehmenslenker:in sind Sie nicht für die Durchführung zuständig, aber die Betrachtung und Einschätzung der Risikobereiche und die daraus abgeleiteten Maßnahmen werden wichtige Einflussgrößen für das lang- und kurzfristige Unternehmensgeschehen und Ihren Aufgabenbereich haben.

Welche Vorschriften gibt es?

Wenn die Verantwortlichen bekannt und die entsprechenden Ressourcen (v.a. Zeit) bereitgestellt sind, geht es daran sich mit den jeweiligen Rahmenwerken vertraut zu machen. Es kann sein, dass es gesetzliche oder freiwillige Vorgaben gibt, die einen zwingen sich mit den Unternehmensrisiken auseinander zu setzten.

  • Gibt es gesetzliche Vorschriften, die ein Risikomanagementsystem verlangen? Bei kapitalmarktorientierten Unternehmen sind Risikoanalysen, die im Lagebericht veröffentlicht werden müssen, zwingend vorgeschrieben, damit sich Kapitalgeber entsprechend informieren können. Verstöße, wenn Risiken nicht transparent gemacht werden, können richtig teuer werden.
  • Sind auf der nationalen Gesetzesebene Risikoanalysen gefordert? Beispielsweise müssen im Rahmen des LKSG (Lieferkettengesetzes) Risiken evaluiert werden.
  • Gibt es Vorschriften im Rahmen des Nachhaltigkeitsmanagements? Nachhaltigkeitsberichtsstandards können ebenfalls Risikoanalysen vorsehen zB GRI, ISO 14001 oder DNK. In der ab dem Geschäftsjahr 2025 für wesentlich mehr Unternehmen geltende CSRD Richtlinie wird ebenfalls eine Risikobetrachtung zur Anwendung kommen.

Betrachtungsperspektiven (Risikokategorien)

Wenn die Rahmenwerke geklärt sind, geht es darum festzulegen, welche Betrachtungsperspektiven zur Anwendung kommen. Beispielweise gibt es folgende Risikokategorien:

  • Umfeld: zB wirtschaftliche Entwicklung, Innovationen/Trends, Verfügbarkeit von Materialien)
  • Unternehmen: Beispielsweise neue Produkte oder Dienstleistungen, technologische Änderungen wie neue Produktionsverfahren. Darunter können auch Markteintritte oder der Ausstieg aus Märkten, aber auch Personalrisiken, Einkauf und Supply Chain, sowie finanzielle Risiken fallen.
  • Stakeholder: zB Entwicklung der Bevölkerungen, Wertewandel, Reputationsrisiken.
  • Umweltaspekte: Darunter fallen die Auswirkungen des Klimawandels, Veränderungen im Unternehmen zB geänderte Grundstoffe oder Herstellverfahren (etwa Recycling, Kreislaufverfahren).
  • Legal Compliance: Zu dieser Kategorie zählen u.a. die Entwicklung von Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist, aber auch mögliche Änderungen von bestimmten Rechten zB Menschenrechte, Arbeitsnormen. In der letzten Zeit waren diverse rechtliche Neuerung, wie etwa das Lieferkettengesetz oder verschärfte Vorgaben im Bereich Nachhaltigkeit wie die CSRD (Corporate Sustainable Reporting Directive) in den Medien. Außerdem muss die Bekämpfung von Korruption unbedingt berücksichtigt werden. Je nach Unternehmensgegenstand können auch die Möglichkeit von Gerichtsprozessen Einfluss in die Risikobeurteilung finden. Ein prominentes Beispiel war die Übernahme von Monsanto durch Bayer, was für Bayer Klagsandrohungen in Milliardenhöhe bedeutete.
  • Notfallvorsorge

Oder der Fokus wird auf die drei Perspektiven

  • Fianzielle Risiken
  • Operative Risiken und
  • Strategische Risiken 

gelegt. Dann werden die zuerst angeführten möglichen Gefahrenpotentiale in diese Perspektiven eingeordnet. 

Jedenfalls sollte ein Katalog der Risikokategorien, entsprechenden Risiken und Abhilfemaßnahmen erstellt werden, welcher standardisiert und damit über den zeitlichen Verlauf konsistent bearbeitet werden kann. 

Welche Prozesse werden betrachtet?

Generell erfolgt die Bestandsaufnahme entlang der kompletten Wertschöpfungskette: 

  • Dabei werden Kernprozesse und unterstützende Prozesse betrachtet. 
  • Die Detaillierung hängt von den Vorschriften und Perspektiven ab. Beispielsweise kann bzw. muss dann auch ein Augenmerk auf die Lieferkette – also auf die Prozesse der Zulieferunternehmen – gelegt werden. 
  • Es ist sinnvoll bei der Bestandaufnahme entlang der Prozesskette sämtliche Perspektiven abzuklären. Da viele Risiken ineinandergreifen, kann dann bei der anschließenden Auswertung die notwendigen Betrachtung ausgewählt werden.

Die Klassifizierung der Risiken

Anschließend erfolgt die Klassifizierung, dabei wird die Eintrittswahrscheinlichkeit und der Grad der Auswirkung betrachtet. Beim Grad der Auswirkung können beispielsweise finanzielle Auswirkungen definiert sein. Die Einteilung der Skala hängt von der Unternehmensgröße und dem finanziellen Rahmen ab. 

Beispielsweise definiert das Pharmaunternehmen Merck Schäden unter 10 Mio. Euro als „unwesentliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Alles über 500 Mio. Euro gilt als „kritische negative Auswirkung“. Diese Größenordnungen sind für die allermeisten Betriebe jenseits von Gut und Böse, aber das Prinzip der Klassifizierung wird dadurch klar.

Auch je nach Geschäftsmodell können andere Risikoauswirkungen berücksichtigt werden. In der Projektentwicklung werden beispielsweise zeitliche Projektverzögerungen betrachtet, da diese die Vorstufe zu möglichen finanziellen Auswirkungen sein können. 

Bitte definieren Sie die Eintrittswahrscheinlichkeiten und die Auswirkungen anhand von konkreten Zahlen (zB Prozent Eintrittswahrscheinlichkeit, finanziellen Einbußen, Tagen oder Monaten Projektverzögerung) und nicht nur als „niedrig, mittel und hoch“. Dadurch wird die Zuordnung der Risiken transparent und der Vergleich von Jahr zu Jahr besser möglich.

Eine Legende mit den Daten und entsprechenden Farbcodes hilft die Bedeutung auf einen Blick zu erkennen. Sie können diese Legende in den Unternehmensfarben gestalten (wie in unserem Beispiel) oder sich an den Ampelfarben orientieren.

Risiken erkennen - Darstellung einer Risiko-Matrix
Risiken erkennen und in Chancen verwandeln mithilfe einer Risikomatrix.

Was macht man mit dieser Erkenntnis?

Die Risiken werden in Maßnahmen mit Verantwortlichkeiten und Meilensteinen umgewandelt. Da aber nie genügend Ressourcen vorhanden sind, um alles gleichzeitig zu machen, gilt es hier zuerst zu priorisieren. Etwa nach der höchsten Eintrittswahrscheinlich und dem höchsten Schadensausmaß. Entsprechend der Priorisierung werden die geplanten Maßnahmen umgesetzt und nachgehalten. 

Das können beispielsweise präventive Maßnahmen, wie in Notfällen umgegangen wird oder der Abschluss von Versicherungen, sein. Es kann sich aber auch um langfristigere Entscheidungen etwa für baulichen Maßnahmen, Veränderungen der Lieferkette oder geänderte Markt- oder Produktentscheidungen, handeln.

Wie bei jedem Projekt ist es auch hier notwendig, dass die Projektverantwortlichen benannt und Termine zur Umsetzung und Nachverfolgung bekannt sind und die Termine auch nachgehalten werden.

Dokumentation und Compliance Management

Auf jeden Fall ist es notwendig, dass die durchgeführten Maßnahmen dokumentiert und in regelmäßigen Abständen auch geprüft werden. Auch von Seiten der Geschäftsführung muss hier Interesse gezeigt werden. Je nach Unternehmensart und -größe können – wie bereits zu Beginn erwähnt – solche Maßnahmen sogar gesetzlich vorgeschrieben sein.

Aufwand 

Je nach Firmengröße ist der Aufwand unterschiedlich hoch. In kleinen Unternehmen kann man mit einem Kernteam innerhalb kürzester Zeit die Grundarbeit leisten, Verbesserungsprojekte ableiten und dann in regelmäßigen Abständen die Ergebnisse evaluieren. In großen Unternehmen sind ganze Abteilungen mit Unterstützung anderer Bereiche (z.B. Controlling, Insurance, Legal, Strategy) involviert. 

Rasche Änderungen – vor allem bei Klimarisiken

Wie bereits oben erwähnt, muss die Risikoevaluierung regelmäßig durchgeführt und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Bitte bedenken Sie, dass sich nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern auch die Umfeld- und Umweltaspekte durch die Klimakrise rasch verändern und damit massive Auswirkungen auf das Unternehmen haben können. Daher ist ein gewisses Interesse an der Risikobetrachtung von Seiten des Managements essentiell.

Chancen nutzen

Vor allem aber sollte das Potential für die Weiterentwicklung des Unternehmens gesehen werden. Denn wer frühzeitig entsprechende Überlegungen anstellt und gegensteuert ist gewappnet und dem Mitbewerb einen wesentlichen Schritt voraus. Zudem können die Erkenntnisse genutzt werden um das Unternehmen gezielt weiterzuentwickeln und etwa neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die diese Risiken adressieren. Beispielsweise sind im Bereich der Umwelttechnik viele interessante Lösungen (z.B. Wasseraufbereitung, Reinigungsanwendungen, Energieeffizienztechniken) entstanden, da man das Risiko der Klimakrise verstanden und dieses auch als Chancen entsprechend genutzt hat. Ein Beispiel aus unserem Unternehmen finden Sie im Anschluss an diesen Beitrag.

Haben Sie Fragen? Dann freue ich mich auf Ihre Nachricht.

Herzliche Grüße
Marlene Buchinger

Veränderung. Denken. Können.
#RestartThinking

Klimatransformation in Unternehmen
Wie können Unternehmen bei der Klimatransformation vorgehen?

Ankündigung in eigener Sache:

Buchinger|Kuduz entwickelt gerade ein Klima-Assessment in dem die Entwicklungsmöglichkeiten von Unternehmen in Bezug auf die Klima-Transformation sichtbar werden. Teilnehmende Unternehmen lernen dadurch Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Chancen kennen und verstehen besser wo Veränderungen anstehen. Nähere Informationen hierzu wird es demnächst auf dem #RestartThinking Blog und der Buchinger|Kuduz Webpage geben.