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Klimarisiken: Wie werden wir uns dem Risiko bewusst?

Klimarisiken: Wie werden wir uns dem Risiko bewusst?

Fühlen Sie ein gewisses Unwohlsein beim Wort „Risiko“? Die schlechte Nachricht vorab: Um Risiken werden Sie im Unternehmensalltag – selbstverständlich auch im persönlichen Alltag – nicht herumkommen. Die gute Nachricht ist, wenn wir Risiken betrachten, sie richtig einordnen und uns den Auswirkungen bewusstwerden, dann sind wir besser auf Veränderungen vorbereitet. Zudem können wir dann auch agieren und die Aspekte als Chancen und Potentiale nutzen, anstatt nur zu reagieren.

Wie bereits im #RestartThinking Blogartikel „Klimaneutralität muss Chef:innensache sein“ erwähnt, ist auf dem Weg zur Klimaneutralität ein gewisses Problem- und Risikobewusstsein nötig. Denn wenn wir die Dringlichkeit zur Veränderungen erkannt haben, können wir die richtigen kurz- und langfristigen Schritte setzen. In diesem #RestartThinking Blog erfahren Sie, welche psychologischen Mechanismen uns von klugen Entscheidungen abhalten und wie wir mit diesem Dilemma umgehen können.

Unsere Psyche trickst uns beim Risiko aus

Manche Menschen tun sich mit Veränderung leichter als andere. Das war mir nach mehr als 20 Jahren Erfahrung in verschiedenen Wirtschaftsunternehmen schon oft untergekommen. Der Artikel von Stephan Boes für die Journalismus-Plattform Perspective Daily (1) hat mir allerdings spannende neue Gedankenansätze eröffnet. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Erkenntnisse über psychologische Effekte, die auf uns beim Thema Risiko wirken, zusammengefasst.

Der Normalcy Bias – es wird schon nicht so schlimm

Keine der (letzten) Krisen kam aus heiterem Himmel – wir wollten sie nur nicht wahrhaben. Grund dafür ist der sogenannte „Normalcy Bias“. Durch diesen psychologischen Effekt versuchen Menschen Krisen kleinzureden oder einfach gar nicht zu glauben, wenn die Vorhersage wirklich schlimm ist.

Das merkt man beispielsweise bei der Klimakrise: Die Auswirkungen sind bereits jetzt massiv und weitreichend, denn Gletscher verschwinden in rasendem Tempo, jeden Tag sterben 150 Arten aus (2), die Erderwärmung nimmt zu, Ozeane versauern, etc. Andererseits wird weiterhin „business as usual“ gemacht. Wir unterschätzen das Risiko und damit sind die Gegenmaßnahmen im Bereich der Klimakrise zu spät und zu wenig drastisch. 

Laut dem Artikel von Stephan Boes unterliegen etwa 70 % der Menschen dem „Normalcy Bias“. Der Rest reagiert entweder kopflos panisch oder tatsächlich kühl und überlegt, was zu tun ist.

Optimismusverzerrung – bei mir/uns wird es schon nicht so schlimm

Ein weiterer einflussreicher Effekt auf die Einschätzung von Risiken ist die Optimismusverzerrung. Sie verleitet uns dazu Dinge zu vereinfachen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit von „guten“ Ereignissen wird dabei überschätzt und die von „schlechten“ Ereignissen wird unterschätzt.

Ja, die Welt um uns herum ist komplex. Daher sind einfach Ansätze und Lösungen beliebt. Das mag in ganz begrenzten Anwendungsfällen funktionieren, aber bei großen Herausforderungen, wie der Klimakrise, kommen wir mit diesem Ansatz nicht weiter. 

Laut den von Boes zitierten Studien unterliegen 80 % der Menschen auch der Optimismusverzerrung. 

In Kombination besonders schlimm

Besonders schlimm wird es, wenn der Normalcy Bias mit der Optimismusverzerrung zusammenkommt, dann werden die Wahrscheinlichkeiten negativer Ereignisse in Bezug auf das eigene Leben oder Unternehmen unterschätzt. Ich nenne diese Haltung das „Floriani-Prinzip“: Hauptsache, mir, meiner Familie, meinem Unternehmen, etc. ist ja nichts passiert, daher wird es schon nicht so schlimm sein…

Shifting-Baseline-Syndrom

Dazu kommt noch das Shifting-Baseline-Syndrom: Wir nehmen Veränderungen als neue Norm wahr und merken nicht wie sich langfristige Veränderungen in unserer Umwelt auswirken.

Ein Beispiel: Der letzte Sommer war hier in Tirol doch etwas regnerisch und die Hoteliers waren nicht entzückt, da es ja kein Rekordsommer wie in den Jahren zuvor war. Dennoch war der Sommer 2021 wärmer als ein Großteil der Jahre davor. Da wir uns aber an Sommer mit extremen Temperaturen gewöhnt haben, wurden die entsprechenden Monate im Jahr 2021 als „kühl“ empfunden. Daran zeigt sich gut, wie sich unsere Grundannahmen (Baseline) verschoben haben.

Wahrscheinlichkeiten sind schwerer zu begreifen

Zu all dem kommt noch, dass viele Menschen mit Wahrscheinlichkeiten ihre Probleme haben.

Dieses Phänomen wurde in der Covid19-Pandemie sichtbar, wenn die Impfung mit dem Argument abgelehnt wurde, da diese ja nicht 100 %ig sicher sei. Stimmt, aber das wurde auch nicht behauptet. Die Impfung schützt mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem Risiko der schweren Erkrankungen. Es hat auch nie jemand behauptet, dass es keine Toten durch Verkehrsunfälle gibt, seitdem die Gurtpflicht im Auto eingeführt wurde. Dennoch hilft der Gurt und hat tausende Leben bereits gerettet. Der Artikel (3) zeigt weitere Beispiele auf, warum wir uns mit Statistik, Wahrscheinlichkeiten und natürlicher Häufigkeit so schwer tun.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

Mit dem Wissen, dass wir beim Thema Risiko gerne selbst in Fallen tappen, kann man sich an die Arbeit machen. Machen Sie sich, Ihren Mitarbeitenden und Kolleg:innen diese psychologischen Effekte immer wieder bewusst, dass hilft raus aus der Komfortzone zu kommen und klügere Entscheidungen zu treffen.

Risikobewusstsein ist ein Schritt um auf Krisen besser vorbereitet zu sein. Sicherlich, etwas Hoffnung kann nie schaden. Aber wenn Sie zu einem anderen Unternehmen gehen um Teile oder Dienstleistungen einzukaufen, dann hätten Sie auch gerne die Sicherheit, dass bei der Produktion oder Durchführung der Leistung eine gewisse Sorgfalt an den Tag gelegt wird. 

Die Evaluierung von Risiken und entsprechende Gegenmaßnahmen sind ein Bestandteil des Unternehmerstums. Wie man dabei vorgehen kann, erfahren Sie im nächsten #RestartThinking Blog. Bei Fragen freue ich mich auf Ihre Nachricht.

Herzliche Grüße
Marlene Buchinger

Veränderung. Denken. Können.
#RestartThinking


Quellen:

  1. Perspective Daily Artikel über Denkfehler im Rahmen der Klimakrise. Der Artikel ist für Mitglieder der Plattform Perspective Daily in vollem Format verfügbar.
  2. FAZ Artikel über das Artensterben
  3. ORF.at Artikel über Statistik und Wahrscheinlichkeit
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