Zum Inhalt springen

Klimakrise: Zwischen Engagement und Ernüchterung

RestartThinking-Blog Klimakrise: Zwischen Engagement und Ernüchterung

Liebe Leser:innen unseres RestartThinking Blogs, seit vielen Jahren schreiben wir an dieser Stelle monatlich über aktuelle Themen rund um die Klimakrise und die notwendigen Klimatransformation. Dabei thematisieren wir aktuelle Aspekte und teilen mit Ihnen unsere Erfahrungen. Doch während wir alles, was wir tun können, umsetzen, scheinen andere lieber auf ihre vermeintlichen Privilegien zu beharren. Das demotiviert sehr und manchmal fragt man sich, warum man all den Aufwand überhaupt unternimmt, während große Teile der Gesellschaft nichts unternehmen und Lobbyverbände toxischer Branchen ihre zerstörerischen Geschäftsmodelle gegen jede Vernunft aufrecht erhalten. Eine persönliche Botschaft an unsere Leser:innen.

Irgendwas läuft ordentlich schief, sehr schief sogar. Wir sind zwei Privatpersonen, die gemeinsam ein kleines Unternehmen führen. Wir können wenig im weltweiten Kontext der Klimakrise bewirken, aber wir tun es trotzdem. Denn wir sehen die Verantwortung nicht nur bei den großen Fischen, sondern auch bei jeder und jedem Einzelnen. Gleichzeitig agieren so viele Menschen völlig entgegen der notwendigen Verantwortung, dass man sich irgendwann die Frage stellen muss, warum man das eigentlich tut. 

Damit eines hier gleich klar ist: Wir werden an unserem Handeln nichts ändern, wir werden unserer Verantwortung weiter gerecht, egal wie ignorant und verantwortungslos sich andere verhalten. Aber manchmal fällt es schwer, wenn einem gewisse Situationen begegnen:

  • Bei einem Geschäftstermin vor ein paar Wochen kamen wir ins Gespräch über Themen, die auch die Klimakrise betreffen. Und ein Teilnehmer sagte klar und deutlich, er werde sich nicht einschränken. Er werde weiter Flugreisen unternehmen und, solange es erlaubt ist, mit 200km/h über eine deutsche Autobahn brettern.
  • Andere Menschen erzählen uns immer wieder, dass ihnen ihre Bedürfnisse wichtig seien und man diese auch leben müsse. Man könne alleine eh nichts ändern und die Erfüllung der Bedürfnisse seien halt wichtig.
  • Ständig kommen die üblichen Ausreden von „wir tragen ja fast nichts zur Klimakrise bei“ bis hin zu „aber die Chinesen“. All diese und ähnliche Ausreden sind einfach nur schwer zu ertragen.
  • Industrieverbände und Lobbyist:innen verbreiten gezielt Lügen und Desinformation, um ihre klimaschädlichen Geschäftsmodelle möglichst lange zu erhalten. All das Gerede von E-Fuels, Wasserstoff in Heizungen oder dass CCS all unsere Probleme lösen würde, sind Nebelgranaten, die mit der Realität nichts zu tun haben und das fossile Zeitalter noch verlängern. Wir haben dazu unter anderem in dem Beitrag „E-Fuels und pinke Einhörner“ darüber berichtet.
  • Noch immer wollen uns Leute erzählen, dass Kernenergie klimafreundlich und für die Energiewende unabdingbar sei. Das ist genauso falsch wie die Behauptung, dass Kernfusion all unsere Energieprobleme lösen würde.
  • Ständig versuchen Leute, eindeutige Lügen und Desinformation in Bezug auf die Klimakrise als Teil eines legitimen Diskurses darzustellen. Doch Lügen und Desinformation sind nie Teil des legitimen Diskurses. Was Schwachsinn ist, muss als Schwachsinn bezeichnet werden.

Und zwischen all den Ausreden, Lügen, Desinformationen, oft gepaart mit Ignoranz und Egoismus müssen wir die Kraft aufwenden, durchzuhalten. Wir können hier nur immer wieder feststellen, wie schwer das oft ist, gerade weil so offensichtlich ist, dass wir mit Ansage vor die Wand laufen.

Egoismus der Kurzfristigkeit

Die oben beschrieben Verhaltensmuster sind nicht nur verantwortungslos, sie sind auch noch schädlich für die betreffenden Menschen selbst. Nicht nur, dass die meisten von ihnen die resultierenden Umweltkatastrophen selbst noch erleben werden. Sondern die meisten von ihnen haben Kinder und manche sogar Enkel. Würde man jetzt etwas sarkastisch argumentieren, müsste man diesen Menschen unterstellen, dass sie ihre Kinder und Enkel nicht mögen, denn durch ihr eigenes Verhalten richten sie für ihre eigenen Nachfahren enorme Schäden an. Natürlich werden die betreffenden Personen das klar verneinen, aber ihr Verhalten spricht eine gegenteilige Sprache.

Wir sind (unfreiwillig) kinderlos geblieben. Wir könnten eigentlich sagen: „Ist uns doch egal, wir haben keine Kinder, wir hauen jetzt einfach auf die Kacke. Nach uns die Sintflut.“ Das tun wir aber nicht, denn diese egoistische und zutiefst unsoziale Haltung können wir nicht ertragen. Aber warum handeln diese Menschen, die Kinder oder gar Enkel haben, so?

Klimakrise: Emotionen sind stärker als Verstand

Wir müssen endlich mal ehrlich sein und mit gängigen Fehlurteilen aufräumen:

  • Der Mensch ist in der Gesamtheit keine intelligente Lebensform. Wäre er intelligent, wäre er in der Lage, aus eigenen, erst recht hier so offensichtlichen, Fehlern zu lernen und die richtigen Handlungen gegen die Klimakrise daraus abzuleiten. Doch das passiert, bis auf ein paar Ausnahmen, leider nicht oder nur zu wenig.
  • Eigenverantwortung ist und bleibt eine Illusion. In der Corona-Pandemie haben wir das bereits gesehen und bei der Klimakrise geht das Problem weiter. Die meisten Menschen handeln gemäß ihrer akuten Bedürfnisbefriedigung. Kurzfristige Bedürfnisse wiegen weit mehr als die Gesamtverantwortung.
  • Langfristiges Denken funktioniert bei den meisten nicht. Alles, was über einen gewissen Zeitraum von wenigen Monaten hinausgeht bzw. zurück liegt, kommt in den Gedanken, die Entscheidungen betreffen, nicht mehr vor.

Daher können wir offensichtlich nicht davon ausgehen, dass alle dazu in der Lage sind, eigenverantwortlich zu handeln und sich zu verändern. Wir tun es, aber sind wir nun perfekt und ein Vorbild?

Nein, wir sind weder perfekt noch ein generelles Vorbild

Wir kommen aktuell auf einen jährlichen Treibhausgas-Fußabdruck von 5-7 Tonnen pro Person und Jahr. Damit sind wir zwar deutlich unter dem Durchschnitt von 11 Tonnen pro Jahr, aber noch immer weit vom erforderlichen Wert von 1-2 Tonnen pro Jahr und Person entfernt. Daher sind auch wir nicht lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten angekommen. Nichtsdestotrotz tun wir, was wir tun können:

Uns ist dabei klar, dass wir aufgrund gewisser Umstände privilegiert sind, mehr zu tun als andere Menschen, die zum Beispiel kein eignes Dach für Photovoltaik besitzen oder finanziell nicht so gut aufgestellt sind. Daher engagieren wir uns auch ehrenamtlich in Vereinen, die gemeinwohlorientiert Klimatransformation umsetzen.

Wirtschaft delegiert Verantwortung

Der perfide Trick der Wirtschaft ist, dass sie versucht, sämtliche Verantwortung an der Klimakrise auf die Konsument:innen abzuwälzen und teilweise politisch Einfluss nimmt, damit sich daran so schnell nichts ändert. So zum Beispiel wollte im Jahr 2020 das ÖVP-geführte Finanzministerium in Österreich die Plastikabgabe für Hersteller aus dem Staatsbudget, also auf Kosten der Bürger:innen begleichen.

Greenwashing ist zudem oft an der Tagesordnung. Von nachhaltigen Flugreisen, klimaneutralem Diesel oder Benzin, bis hin zu angeblich grünen Kreuzfahrten. All das sind reine Luftnummern, während die Emission von Dreck zugunsten der Profitmaximierung weiter geht. Menschen soll zum Zwecke der eigenen Profitmaximierung vorgegaukelt werden, dass die durch ihre Kaufentscheidungen das Klima retten würden, während die Akteur:innen in den Unternehmen nichts verändern. 

Der persönlicher CO2-Fußabdruck wurde primär durch toxische Unternehmen wie BP in die Öffentlichkeit gedrückt, um die eigene Verantwortung immer schön auf die Konsument:innen abzuwälzen. Es ist also richtig, wenn man die Forderung erhebt, dass sich das gesamte Wirtschaftssystem erst ändern müsse. Doch entlässt es einen von der persönlichen Verantwortung?

Der persönlichen Verantwortung kann man nicht entkommen

Auch wenn man als einzelner Mensch nur wenig bewirken kann, so ist jede:r zumindest moralisch dazu verpflichtet, das eigene Verhalten zu verändern. Tut man es nicht, kann man von sich nicht den Anspruch erheben, als erwachsener und aufgeklärter Mensch zu handeln. Dann handelt man eher wie ein pubertäres Kind, das gegen jede Vernunft an alten Fehlern festhält. Und genau diese Menschen sind am Ende ein lebendiges Beispiel dafür, dass es ohne Regeln und Verbote nicht funktioniert. Die Behauptung, dass die Klimatransformation nicht durch Verzicht gelingt, ist falsch. Aber ist Verzicht immer schlecht?

Verzicht kann sehr gesund sein

Verzicht ist für manche Menschen ein rotes Tuch. Doch gerade, wenn es darum geht, ein gesundes Leben für sich und die Nachfahren zu haben, ist es doch kein Verzicht mehr. Aber aufgrund der oben dargestellten Gründe empfinden Menschen Verhaltensänderungen, die ihnen guttun, als Verzicht, weil es schlicht anders ist, als sie es kennen. Diese Menschen verhalten sich wie Alkoholiker:innen, die die Abkehr vom Trinken als Verzicht empfinden und entsprechend ablehnen, obwohl ihnen das ihr Leben rettet.

Wir wollen hier nichts schönreden. Das „Anders“ kann natürlich dazu führen, dass man von etwas weniger hat:

  • Die Veränderung des eigenen Handelns bedeutet Aufwand.
  • Wir nehmen teilweise auch Einbußen beim Umsatz in Kauf, wenn wir mit der Bahn statt mit dem Flieger reisen.
  • Auch können manche (nicht alle!) Reisen länger dauern, was zu weniger Zeit zu Hause führt.
  • Manche notwendigen Investitionen, wie zum Beispiel in die eigene, regenerative Energieversorgung, sind hoch. Aber sie rechnen sich nach kurzer Zeit.

Aber für diese Investition und diesen Aufwand können wir einen gesunden, besseren Lebensraum bekommen. Die Veränderung kann auch positiv gesehen werden. Zum Beispiel das Gefühl, die eigene Energie selbst zu produzieren, ist wie Gemüse aus dem eigenen Garten. Ein gewisser Aufwand, aber es macht zufrieden. Auf den Rückweg von Geschäftsterminen kann man in der Bahn mal die Augen zumachen und abschalten, versuchen Sie das bitte nicht im Auto. Dass man bei all dem einen Beitrag zur Emissionsreduktion und damit zum Erhalt unseres Lebensraums leistet, ist ein wesentlicher Aspekt, denn die Klimakrise wartet nicht auf uns. Es geht darum selbstverständliche Verhaltensweisen zu hinterfragen und neue Denkweisen sich vorzustellen und diese auch umzusetzen. Diese Haltung hat mittlerweile Eingang in unser Firmenmotto „Veränderung. Denken. Können“ gefunden.

Verzicht ist also nicht immer schlecht. Das Problem bei der Klimatransformation ist hauptsächlich, dass viele Menschen schon eine Abweichung vom Status-Quo als Verzicht empfinden – egal, wie gut das Neue ist.

Aber was bringt es, wenn nicht alle mitmachen?

Sehr, sehr viel. Man mag glauben, dass es letztlich egal ist, ob man als Individuum etwas verändert und „Verzicht“ übt, da es die meisten anderen nicht tun. Doch dieser Ansatz greift erheblich zu kurz. Man lernt bei der eigenen Veränderung sehr viel und das weitet den Horizont. Und ein weiterer Aspekt ist hier sehr wichtig – die heute jungen und noch nicht geborenen Generationen werden irgendwann die Frage stellen:

„Was hast Du getan, als man die Klimakrise noch hätte abwenden oder zumindest reduzieren können?“

Die einen werden sagen müssen: „Sorry, Flugreisen, Kreuzfahrten, eine fette Karre und „Freiheit“ auf der Autobahn waren halt wichtiger. Hast leider Pech.“ Die anderen werden sagen können: „Ich habe alles getan, was möglich war. Es tut mir leid, wenn nicht genug mitgemacht haben.“

Daher bleiben wir gemeinsam dran. Wenn Sie Fragen zur Klimatransformation vor allem in Unternehmen haben, freuen wir uns auf Ihre Nachricht!

Herzliche Grüße
Marlene & Mario Buchinger

#RestartThinking
Veränderung. Denken. Können.