Gerade ist der Black Friday, der Cybermonday bzw. die unsinnige Black Week vorüber. Wir vom #RestartThinking Blog möchten anlässlich des Gegenkonzepts – dem Giving Tuesday – den Fokus auf das wenig bekannte Problem der Energiearmut lenken und konkrete Lösungen aufzeigen.
Was ist Energiearmut?
Man versteht darunter, dass Energie für Strom und Wärme kaum oder nicht leistbar ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass man sich extrem einschränken muss oder die Energierechnungen nicht oder nicht rechtzeitig zahlen kann. Auch fehlt häufig das Geld um alte oder kaputte Haushaltsgeräte auszutauschen.
- Etwa 6,9% der Haushalte können nicht leisten, ihre Wohnung angemessen warmzuhalten. Das sind etwa 280.000 Haushalte.
- Ausreichend elektrischen Strom für den Haushalt können sich etwa 3,6% nicht leisten.
- 31,6% der Haushalte geben an, dass sie sich im vorherigen Quartal zwar die für ihren Haushalt benötigte Energie leisten konnten, aber nur, weil sie den Verbrauch verringert haben.
Was sind die Gründe für Energiearmut?
Die Gründe sind vielschichtig. Die Energieregulierungsbehörde e-control versucht es mit folgender Erklärung:
„Energiearme Haushalte haben einen deutlich höheren Energieverbrauch, höhere Energiekosten als Durchschnittshaushalte, nutzen oft ineffiziente Geräte und sie heizen öfter mit Öl.“
e-control
An Energiearmut haben diese Haushalte häufig selbst keine Schuld bzw. keine große Handhabe dagegen.
- Die Menschen sind häufig prekär beschäftigt oder haben geringes Einkommen (zB niedrige Pension vor allem bei Frauen).
- Zudem wohnen sie meist in schlecht gedämmten Gebäuden. Das Geld für Dämmung im eigenen Haus ist oft nicht vorhanden. Zudem kann man in Mietobjekten wenig an der Situation verändern.
- Ein weiterer Grund sind alte, ineffizientere Geräte. Um diese zu ersetzen fehlt auch häufig das Geld.
- Manchmal fehlt auch das Wissen.
- Dazu kamen im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine explodierende Energiekosten.
- Am stärksten sind von Energiearmut Haushalte mit Alleinerziehenden betroffen.
- Und die Situation wird in Zukunft nicht besser: Mit Ende des Jahres 2024 fällt die Strompreisbremse weg. Gleichzeitig steigen mit Jahresbeginn die Kosten für Strom- und Gasnetze.
Wofür wird die Energie verwendet?
Der größte Teil des Energieverbrauchs fällt auf das „Heizen“ – also die Bereitung von Raumwärme und Brauchwasser. Alte Verteilungssysteme (Heizkörper, Konvektoren) und alte Heizsysteme sind ineffizient und verschlingen viel Energie. Wenn die Räume schlecht gedämmt sind, gelangt ein Großteil der Wärme schnell über die Gebäudehülle nach außen.
Das Erhitzen des Warmwassers ist energieintensiv, da Wasser eine hohe Wärmekapazität hat. Das bedeutet, es nimmt viel Energie auf bevor die Temperatur steigt. Man benötigt 1,16 kWh Energie um 1000 Liter Wasser um nur 1 Grad zu erwärmen. Wenn man bedenkt, dass Frischwasser meistens unter 10 Grad aus der Leitung kommt und Brauchwasser auf 55 Grad erhitzt wird, dann kann man die Rechnung für einen 200 Liter Wasserspeicher schnell aufstellen:
1,16 kWh * 0,2 m3 * 45 Grad Temperaturdifferenz = 10,44 kWh pro Heiztag
Achtung: Die Idee die Temperatur des Warmwassers abzusenken, ist nicht sinnvoll. Unter dauerhaft 55 Grad besteht die Gefahr von Legionellen. Das sind Bakterien, die Lungenentzündung hervorrufen. Effizienter ist es beispielsweise Elektroboiler zu betreiben, die bedarfsgerecht Wasser erhitzen, wenn es benötigt wird.
Das kaum sichtbare Problem
Neben den technischen und finanziellen Punkten geht ein wesentlicher Aspekt meistens unter: Die soziale Sicherheit. Energie gehört zu den Grundpfeilern unseres Lebens. In einem reichen Land wie Österreich oder Deutschland sollte niemand Kälte leiden oder nur bei Kerzenschein im Raum sitzen müssen.
Es entstehen damit Folgeproblem wie gesundheitliche Einschränkungen zB aufgrund der Kälte oder Atemwegserkrankungen, wenn sich im Wohnraum Schimmel bildet. All die führt wiederum zu weiterer Abschottung bzw. Ausgrenzung.
In vielen Diskussionen zu dem Thema höre ich an diesem Punkt oft: „Ja, aber wir müssen ja Energie einsparen.“ Das stimmt, aber die Personen, die unter Energiearmut leiden, sind nicht das Problem. Es geht vielmehr darum, dass diejenigen, die Energie verschwenden damit sorgsamer umgehen. Ich habe Leute in meiner Verwandtschaft, die sagen, unter 26 Grad im Wohnraum ist es nicht akzeptabel. Gleichzeitig sitzen sie dann im Winter mit kurzer Hose und T-Shirt da. Hier fehlt mir absolut das Verständnis.
Und dann dafür armen Mitbürger:innen den schwarzen Peter zuzuschieben, ist eine ganz miese Nummer. Jeder hat bei der Energiewende seinen Teil beizutragen, manche mehr und manche etwas weniger.
Lösungen
Wie können nun Lösungen aussehen? Die KEA hat auf Ihrer Webseite verschiedene Angebote dargestellt. Ich habe diese hier übernommen:
Weitere Lösungen
Die oben genannten Lösungen sind absolut sinnvoll und erst das Wissen über den Energieverbrauch und die Einsparungsmöglichkeiten ist essentiell. Denken Sie beispielsweise an die Sache mit dem Warmwasser.
Zudem können SmartMeter helfen einen guten Überblick zu bekommen, was wann und wofür verbraucht wurde.
Mittlerweile gibt es auch immer mehr Energiegemeinschaften, die sozial gestaffelte Stromtarife anbieten. Das bedeutet, dass der Arbeitspreis für Energie – also pro kWh – niedriger als beim konventionellen Stromanbieter ist.
Ich bin im Vorstand der Gemeinwohlenergie Innsbruck, einer solchen gemeinnützigen Energiegemeinschaft. Wir finanzieren den sogenannten „Soli-Tarif“ mit dem sogenannten „Plus-Tarif“ gegen. In diesem Fall zahlen Menschen freiwillig etwas mehr und finanzieren so die anderen mit. Etwas mehr bedeutet aber nicht, dass der Plus-Stromtarif extrem teuer ist. Da die Energiegemeinschaft nur lokalen Strom aus erneuerbaren Energien zwischen den Mitgliedern verteilt, sind die Gestehungskosten niedrig und die Verwaltung erfolgt derzeit im Ehrenamt.
Weitere Informationen
Mehr Informationen finden Sie auch bei der Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut (KEA): https://kea.gv.at/service/finanzielle-unterstuetzung/
Unterstützungsleistungen wie z.B. Wohnbeihilfe, Heizkostenzuschuss, oder auch Sozialhilfe finden Sie auch auf der Webseite der Arbeiterkammer: (https://www.sozialleistungen.at)
Auf der Informationsseite der E-Control gibt es eine Übersicht nach Bundesländern: https://www.e-control.at/beratungsstellen-und-ueberbrueckungshilfe
Was können Sie tun?
Ich denke das Thema Energiearmut lässt keinen kalt – besonders jetzt in der Weihnachtszeit. Teilen Sie den Blogbeitrag weiter, denn das Thema Energiearmut ist groß und es braucht mehr Bewusstsein. Vielen Dank!
#RestartThinking
Veränderung. Denken. Können.
Herzliche Grüße
Marlene Buchinger
Marlene Buchinger, MSc.
Expertin für Klimatransformation und Nachhaltigkeit, Projektentwicklerin und Problemlöserin
Wir von Buchinger|Kuduz sind spezialisiert auf Strategie-, Prozess- und Klimatransformation. Mit mehr als 15 Jahren internationaler Erfahrung im Bereich Erneuerbare Energie und Projektmanagement stehe ich Ihnen als Sparringpartnerin zur Verfügung und entwickle nachhaltige und effiziente Prozesse.
Titelbild: KI-generiert