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Dicke Luft – EU klagt gegen Deutschland

Dicke Luft - die EU klagt gegen Deutschland

In Deutschland herrscht gerade dicke Luft. Nicht nur wegen der ständigen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickoxide, sondern auch wegen dem diesbezüglichen Verfahren der EU gegen Deutschland.(1)

Dementsprechend ist die Aufregung jetzt groß, aber doch nicht unerwartet. Das Gesetz, auf das sich die Europäische Union bezieht, ist nämlich schon aus dem Jahr 2008 und trat 2010 in Kraft.

In circa 20 deutschen Städten werden die Vorgaben zur Luftgüte immer noch sehr weit bzw. sehr oft verfehlt. Zu den betroffenen Kommunen zählen unter anderem Städte wie München, Köln, Stuttgart, Hamburg und Düsseldorf.

Im Jahr 2015 hat die EU Kommission bereits ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet. Da sich die Situation seit damals nicht verbessert hat, folgt jetzt die Klage vor dem EuGH. Deutschland ist damit nicht allein. Die EU eröffnet auch Verfahren gehen Frankreich, Großbritannien, Italien, Ungarn und Rumänien.

Was können wir aus der EU Klage lernen?

Was ich an der Rüge der EU Kommission spannend finde, ist der Aspekt, dass EU-Staaten „über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionssysteme verfügen müssen, um Autohersteller davon abzuhalten, gegen geltendes Recht zu verstoßen“.(2) Da sieht es in Deutschland düster aus, deshalb möchte die EU auch in diesem Punkt vorgehen.

Wenn ich dann aber lese, dass die Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem deutschen Bundestag sagt, es dürfe „nicht unser Interesse sein, dass wir durch politische Maßnahmen die Automobilindustrie so schwächen, dass sie keine Kraft mehr hat, in die eigentlichen Zukunftsinvestitionen etwas hineinzustecken“(3), dann fällt mir dazu nichts mehr ein.

Der VW-Konzern hatte im vorigen Jahr ein Rekordergebnis aufgrund der Tatsache verbucht, dass die bilanzierten Rückstellungen für den Dieselskandal nicht abgerufen wurden. Also in anderen Worten: Man hat andere Möglichkeiten gefunden, sich um die Verantwortung zu drücken.

Die technischen Möglichkeiten zur Umrüstung wären bereits vorhanden. Das hat der ADAC bewiesen. Mit einer Investition von 1400-3300 Euro zzgl. Einbaukosten pro Fahrzeug können die Stickoxid-Emissionen um 70-88 % gesenkt werden.(4) Selbstverständlich wettern die Fahrzeughersteller dagegen, denn diese wollen die Kunden mit viel billigeren Software-Updates abspeisen, die anscheinend nicht wirklich greifen.

Doch was passiert, wenn der Ausstoß nicht begrenzt wird? Dann folgen Fahrverbote und damit kommen die AutobesitzerInnen zum Handkuss. Hamburg legt als erste Stadt vor und sperrt bereits ab 28. Mai 2018 gewisse Straßen für Diesel-LKW und -PKW unter Euronorm 6. (5)

Wir fahren keinen Diesel. Warum rege ich mich aber trotzdem so auf?

Der Dieselskandal wurde im Jahr 2015 bekannt. Anstatt diesen als Anlass zu nehmen und tatsächliche Änderungen bei den deutschen Autoherstellern einzufordern und auch tatsächlich nachzukontrollieren, war die deutsche Regierung sehr nachsichtig. Software Nachrüstungen wurden als Allheilmittel versprochen, doch diese werden nur sehr schleppend umgesetzt und der gewünschte Effekt ist fraglich. An das Thema Hardware-Nachrüstungen wollen die Autobauer nicht ran, denn diese Ausgaben würden ihre Gewinnmargen schmälern. Der Diesel-Gipfel war eine Farce und von Reue sieht man bei den Autobauern bis heute keine Spur.

Ich frage mich, warum regt das sonst niemanden auf?

Die Autoindustrie wehrt sich mit Händen und Füßen die Verantwortung für ihr eigenes Fehlverhalten zu übernehmen. Die Kosten für die Nachrüstungen soll der Staat – also wir alle – mitfinanzieren. Warum stört das niemanden?

Gewinne werden privatisiert, Verluste werden solidarisiert. In Amerika musste VW bereits mehr als 19 Milliarden Euro Strafe zahlen. Ich bin der Meinung, dass das Vergehen, sowohl diesseits als auch jenseits des großen Teichs, das gleiche ist. Aber hier macht VW keine Anstalten.

BMW hat gerade auch zugegeben, tausende Fahrzeuge „versehentlich“ mit einer falschen Abgassoftware ausgestattet zu haben. (6) Und bei der VW-Tochter Porsche geht es noch dreister: Das deutsche Kraftfahrt Bundesamt hat am 18.05.2018 bekannt gegeben, dass 60.000 Stück der SUVs Cayenne und Macan zurückgerufen werden, da dort gleich mehrere Software-Manipulationen entdeckt wurden. Beim Macan waren es fünf (!) Einrichtungen. (7) Erst Anfang Mai ist bekannt geworden, dass bei der VW-Tochter Audi illegale Abschalteinrichtungen bei den Modellen A6 und A7 verwendet wurden. (7)

Aufgrund dieser Vorkommnisse kann mir niemand erzählen, dass es die deutsche Autoindustrie ernst meint und tatsächlich etwas ändern will. Die Politik ist gefordert. Auf kommunaler Ebene greift das Umdenken langsam, aber auf oberster Ebene stößt man diesbezüglich auf taube Ohren.

Was ist die Folge für uns alle?

Man kann locker die Verantwortung von sich schieben und auf „die da oben“ zeigen. Die Schuld bei der Politik zu suchen, ist aber zu einfach. Wir haben alle eine Verantwortung, denken Sie beim nächsten Autokauf daran und lassen Sie sich nicht mehr für dumm verkaufen!

Was denken Sie zu diesem Thema? Ich freue ich mich über Ihre Kommentare!

Beste Grüße
Marlene Buchinger

Quellen:

  1. Managermagazin über die Klage aus Brüssel
  2. Spiegel.de: Europäische Kommission ermahnt Deutschland
  3. Angela Merkel und die Autoindustrie (Spiegel.de)
  4. ADAC fordert Diesel Nachrüstungen Spiegel Online
  5. Zeit.de: Diesel-Fahrverbote in Hamburg
  6. Spiegel.de über die BMW Abgasmanipulation
  7. KBA ruft 60.000 Porsche zurück (Spiegel.de)