Im letzten Beitrag der neuen Videoserie B|Kommentar sind wir der Frage nachgegangen, welche Rolle die Autoindustrie im Dieselskandal hat und ob die Ereignisse des letzten Jahres ein Umdenken bei den Herstellern eingeleitet haben. Dieses Mal geht es um eine andere Perspektive: Die anstehenden Fahrverbote erregen die Gemüter und der Ruf nach der Politik wird laut. Doch reicht es den schwarzen Peter nach Berlin bzw. Stuttgart zu schieben oder gibt es noch andere Möglichkeiten?
Wer ist schuld?
Was wurde jahrelang auf oberster Ebene gemacht? Auf Druck der Autolobby hin wurden die EU-Richtlinien für Schadstoffwerte und die Testzyklen im Sinne der Autoindustrie „optimiert“. All das wurde stets mit dem Arbeitsplatzargument legitimiert. Jetzt werden aber auf kommunaler Ebene Fahrverbote zum Schutze der Bewohner erlassen.
Ist die Politik nun Schuld an der Misere und hätte das alles verhindern können? Ich bin der Meinung, dass ein stringenteres Auftreten der zuständigen Politiker gegenüber der Autowirtschaft den Standort Deutschland nachhaltig gestärkt hätte, denn dann hätten zukunftsweisende Veränderungen bereits angegangen werden müssen anstatt sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
Die weltweite Konkurrenz arbeitet schließlich auch kontinuierlich an Verbesserungen. Das Bewahren des Status Quo wird die Arbeitsplätze in Mitteleuropa nicht dauerhaft sichern. Die Verantwortung oder Schuld nur den Autoherstellern und der Politik zuzuschieben ist aber zu kurz gegriffen, denn das Thema ist vielschichtig.
Hätte man es wissen können?
Seit Jahren gibt es laufende Überschreitungen der Schadstoffgrenzwerte in den Ballungsräumen. Der freiwillige Aufruf zum Verzicht auf den PKW und den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel wurde nur von wenigen wahrgenommen. Sind die Fahrverbote daher überraschend gekommen?
Ich versuche es mit einem Beispiel: Stellen Sie sich eine ruhige Siedlung mit einem Kindergarten vor. Die Gemeinde bittet die Anwohner rund um den Kindergarten nur 30 km/h schnell zu fahren. Da es häufig aber häufig zu Geschwindigkeitsübertretungen kommt, wird eines Tages ein Verkehrsschild aufgestellt und Radarmessungen werden durchgeführt.
Genauso verhält es sich mit jetzt dem Diesel, es war seit Jahren klar, dass die Schadstoffwerte zu hoch sind, nun legt Stuttgart vor und andere Städte ziehen nach. Alle Fahrzeuge einschließlich Euro 5 dürfen bei Überschreitung der Grenzwerte nicht mehr nach Stuttgart rein. Und auch wenn der Euro 6 Diesel derzeit noch in die Innenstädte fahren darf, ist das keine Garantie auf Auto-Lebenszeit. Selbstverständlich ist das auch ein Warnschuss für die Benziner.
Was macht man mit dieser Erkenntnis?
Wenn ich VW-Kundin gewesen wäre, würde ich sicherlich nicht nochmals bei diesem Hersteller kaufen. Jetzt werden sicherlich einige anmerken, dass auch andere Autobauer manipulieren. Da gebe ich Ihnen absolut Recht! Die Frage ist, gebe ich mich damit zufrieden und mache weiter wie bisher?
Ich habe im Jahr 2007 an Mini geschrieben, wann mit einem E-Mini zu rechnen ist. Damals bekam ich die Antwort, dass 500 Fahrzeuge an ausgewählte Kunden zum Testen gegeben wurden. Leider ist bis dato noch kein serienreifes Fahrzeug von diesem Hersteller im Angebot. Ich fahre meinen Mini jetzt bis zum bitteren Ende (derzeit 145.000 km, 10 Jahre) und werde mir dann einen elektrisch betriebenen Kleinwagen zulegen, da das mit meinem Fahrprofil sinnvoll ist.
Der Kunde hat Einfluss
Der österreichische Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl sagte dazu:
Jeder möchte die Welt verbessern und jeder könnte es auch,
wenn er nur bei sich selber anfangen wollte.
Selbstverständlich ändert sich die Wirtschaft und Politik nicht sofort, weil ein Einzelner einen Wunsch äußert. Aber man hat als KonsumentIn die freie Auswahl und damit die Entscheidungskraft, wem man sein Geld gibt. Das schon oft erwähnte neue entwickelte Fahrzeug der deutschen Post ist wohl bekannt. Aber auch immer mehr Taxi-Flotten steigen auf Hybrid- oder Elektrofahrzeuge um, da diese Fahrzeugen besser zu ihren Bedürfnissen als Vielfahrer passen und sich damit die Wartungs- und Verschleißkosten deutlich reduzieren lassen.
Wenn aber das Angebot nicht zur Nachfrage passt, kann man einen Schritt weitergehen, wie die E-Selbsthilfegruppe aus Hilden eindrucksvoll demonstriert. Darüber haben wir bereits im letzten Blog-Beitrag berichtet. Derzeit werden verschiedene Fahrzeuge getestet und diese Woche endet die Ausschreibungsfrist. Wir sind gespannt und werden berichten. Auf der Facebook-Seite der Gruppe erfahren Sie die aktuellen Neuigkeiten.
Sie sehen, es gibt Möglichkeiten selbst aktiv zu werden. Leitfragen beim Thema Autokauf könnten sein: Ist ein neues Auto überhaupt notwendig oder wäre öffentlicher Verkehr oder Carsharing eine Alternative? Fragen Sie beim nächsten Autokauf gezielt nach den Verbrauchsdaten unter realistischen Bedingungen. Gibt es alternative Antriebskonzepte, die für Sie in Frage kommen?
Meinen heutigen Beitrag möchte ich mit einem Spruch von Albert Einstein beschließen:
Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen – und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
Sind Sie anderer Meinung? Haben Sie Fragen? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.
Mit besten Grüßen
Ihre Marlene Buchinger