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Bestandsaufnahme für die Klimatransformation

Bestandsaufnahme für die Klimatransformation

Ich werde oft gefragt, wie sich (kleine) Unternehmen auch noch um das Thema Klimatransformation kümmern sollen. Stimmt, allein die Bestandsaufnahme ist viel Aufwand und im Gegensatz zu großen Unternehmen können kleine Organisationen nicht mal eben eine Stabsstelle oder gar eine eigene Abteilung dafür einrichten. Aber die Kenntnis und anschließend dadurch mögliche Veränderungen bieten riesiges Potential. In nicht allzu ferner Zukunft werden die Unterlagen, etwa die Treibhausgasbilanz, Standard sein. Wie man sich vorbereiten kann, lesen Sie in diesem #RestartThinking Blog.

In den letzten zwei Monaten herrschte in meinem Büro ziemliches Chaos, denn ich arbeite an unserer Treibhausgasbilanz. Nicht nur für die eigenen Emissionen, also Scope 1 (Emissionen aus unternehmensinternen Prozessen) und Scope 2 (Emissionen aus zugekaufter Energie), sondern ich ermittle auch die Emissionen aus dem Scope 3, also allen vor- und nachgelagerten Prozessen. Und damit es hinlänglich kompliziert wird, geht die Recherche bis zu Firmengründung im Jahr 2014 zurück. Ganz oder gar nicht sozusagen. 

Warum der ganze Aufwand?

Bekanntlich ist ohne Ziel jeder Schuss ein Treffer. Also muss man sich erstmals einen Überblick verschaffen, damit man anschließend Ziele setzen und sich an die Erreichung dieser machen kann. Soweit die Theorie.

Was möchte man machen bzw. was muss man machen?

Das kommt auf die Anforderung an. Werden Sie von Ihren Kunden nach der Treibhausgasbilanz Ihres Unternehmen oder Produkte gefragt? Müssen Sie ein ESG-Rating, wie beispielsweise EcoVadis, nachweisen? Fällt Ihr Unternehmen demnächst unter die CSRD-Richtlinie? Oder wollen Sie Energiepotentiale heben? Das beeinflusst den Umfang der Bestandsaufnahme.

Zudem ist entscheidend, was Ihr Unternehmen macht. Dienstleistungsunternehmen haben es selbstverständlich einfacher als produzierende Betriebe, die eventuell noch mit gefährlichen Stoffen hantieren und riesige Mengen an Material und Abfallstoffen im System haben.

Bestandsaufnahme: Was sucht man?

Im ökologischen Bereich sind die Schwerpunkte recht greifbar. Die Einflussgrößen sind

  • Treibhausgasemissionen (im Betrieb, durch zugekaufte Energie, durch vor- und nachgelagerte Prozesse)
  • Wasserverbrauch bzw. Wasserverschmutzung
  • Gefährliche Stoffe
  • Abfälle 
  • Kreislaufwirtschaft

Wenn es um die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Stichwort CSRD) handelt, müssen zusätzlich die Bereiche

  • Menschenrechte (z.B. Diversität, Gleichberechtigung, Lieferkette)
  • Arbeitsnormen (z.B. Arbeitssicherheit, Standards)
  • Korruptionsbekämpfung
  • Governance (Strategien um die Nachhaltigkeit umzusetzen, Absicherung der Prozesse, Risikomanagement)
  • Stakeholder

betrachtet werden. 

Wer kümmert sich darum?

Sicherlich tun sich größere Unternehmen mit eigenen Mitarbeitenden in den Bereichen Sustainability / Nachhaltigkeit leichter. Aber auch bei kleinen Unternehmen muss es eine Person geben, die sich um die Bestandsaufnahme kümmert und dann mit der Firmenleitung Verbesserungsprojekte vorantreibt. In unserem Unternehmen bin ich das. 

Wo sucht und findet man die relevanten Unterlagen? 

Hier unterscheiden sich große und kleinere Unternehmen ebenso. In großen Unternehmen ist vieles elektronisch auf Knopfdruck verfügbar oder Daten können mit einfachen Auswertungen passend extrahiert und anschließend aggregiert werden. Kleinere Unternehmen tun sich da schon schwerer. Da lohnt sich meistens ein Blick in die Buchhaltung und in die Bereiche Einkauf und Instandhaltung. Oft ist Excel das verwendete Format.

Wonach sucht man genau?

Das hängt, wie bereits erwähnt, von der Aufgabenstellung ab. Geht es um die Treibhausbilanz, Daten im Rahmen des Energiemanagements oder braucht man eine Übersicht der Wasserverwendung, -reinigung und -entsorgung? Sollen gefährliche Stoffe identifiziert und im Prozess eliminiert werden? Sollen im Rahmen der Kreislaufwirtschaft die Stoffströme analysiert oder der Abfallanteil minimiert werden? 

Generell ist es sinnvoll einen Überblick über die Mengen und passenden Einheiten (Tonnen, Einheiten, Kilo, m3 etc.) pro Stoffgruppe zu haben. Wenn das nicht möglich ist, kann man sich über den Preis pro Einheit behelfen, dem dann bestimmte Parameter zugeordnet werden. Dieses Vorgehen kann bei der Treibhausgasbilanzierung angewendet werden. 

Mögliche Kategorien bei der Datenerhebung:

  • Die eingesetzten Stoffmengen
    • In der Energieproduktion – wenn fossile (Erdöl, Erdgas) oder biogene Stoffe (zB Holz, Biomasse) nötig sind 
    • In der Produktion – diese Mengen sind vor allem bei produzierenden Unternehmen enorm
    • Allgemeine Stoffe zB Betriebsstoffe, Schmiermittel, Kühlmittel, aber auch Substanzen in Feuerlöschanlagen
    • Wie viel Wasser wird benötigt?
    • Werden gefährliche Stoffe verwendet? Welche und wie viel?
    • Wie sieht es mit der Kreislaufwirtschaft aus? Gibt es bereits Ansätze?
  • Die Energiemengen von Strom, Wärme, Kälte, Dampf und Druckluft
    • Wie viel wird selbst produziert?
    • Wie viel wird zugekauft? Von welchen Anbietern?
  • Die anfallenden Abfallstoffe
    • Welche Reststoffe fallen an?
    • In welchen Mengen?
    • Wie werden diese recycelt?
    • Wie hoch ist der Recycling- bzw. Entsorgungsanteil?
    • Wie sieht es mit dem Abwasser aus?

Qualität & Reproduzierbarkeit der Daten

Worauf sollte man generell bei der Datenerhebung achten? Die Daten sollen auch zukünftig reproduzierbar sein. Dokumentieren Sie,

  • um welche Daten es sich handelt,
  • wo Sie diese herhaben, 
  • wo die Unterlagen gespeichert sind und 
  • wie Sie die Unterlagen auswerten. 
  • Erfassen Sie, wenn es Änderungen oder Abweichungen im zeitlichen Verlauf gibt (zB wenn Stromanbieter gewechselt oder große organisatorische Veränderungen durchgeführt wurden).
  • Überlegen Sie in diesem Zuge auch, wie die Qualitätskontrolle aussehen kann (Vier-Augen-Prinzip, Vermeiden von Rechenfehler oder Fehler bei Einheiten)
  • Dokumentieren Sie das Verfahren und dessen Verbesserungen. 

Bei kleineren Unternehmen wird die Datenerhebung oft nur einmal pro Jahr gemacht, bis dahin sind die Erkenntnisse vom letzten Jahr vergessen. Zudem ist eine Dokumentation verpflichtend, wenn Sie die Treibhausgasbilanzierung von externen Instanzen (z.B. Kunden, Auditoren für Zertifikate) überprüfen lassen müssen. 

Um die Erstellung einer Treibhausgasbilanz geht es in einem der nächsten Blogbeiträge. Haben Sie in der Zwischenzeit Fragen zu diesem Artikel oder zur Klimatransformation in Ihrem Unternehmen? Dann freue ich mich auf Ihre Nachricht.

Herzliche Grüße
Marlene Buchinger

Veränderung. Denken. Können.
#RestartThinking

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