Im Zuge der Klimakonferenz in Glasgow wurde von mehr als 30 Ländern und mehreren Auto-Herstellern der Abschied vom Verbrennungsmotor beschlossen. Wohin geht die Reise?
Im Dokument „declaration on accelerating the transition to 100% zero emission cars and vans“ beabsichtigen die nachfolgenden Staaten ab 2035 keine neuen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen.
Azerbaijan, Belgien, Chile, Dänemark, El Salvador, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Israel, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Kambodscha, Kanada, Kapverden, Kroatien, Malta, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Österreich, Polen, Slowenien, Sweden, Uruguay, Vatikan, Zypern
Neben diesen 28 Staaten haben auch 10 Schwellen- und Entwicklungsländer dieser Erklärung zugestimmt. In den Schwellenländern soll das Verbrennerverbot bis zum Jahr 2040 umgesetzt werden. Zu den unterzeichnenden Staaten zählt auch Indien, allerdings mit der Einschränkung auf zwei- und dreirädrige Fahrzeuge. Gut, 70 % der globalen Verkäufe solcher Fahrzeuge erfolgen in Indien. Wenn diese Flotte elektrifiziert wird, ist auch ein großer Schritt getan.
Was fällt bei dem Abkommen noch auf?
Österreich
Die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler hat Nägel mit Köpfen gemacht und dem Abkommen zugestimmt. Diese Position war beim Koalitionspartner ÖVP definitiv nicht populär, denn die Autolobby schreibt gerne entsprechende Briefe an den jeweiligen Kanzler. Da Österreich mit seinen Bemühungen im Bereich Klimaschutz stark hinterherhinkt, ist der Schritt mehr als überfällig. Laut dem CCPI (Climate Change Performance Index) ist Österreich als „low-performing country“ nur auf Platz 36 zu finden.
Und nein, e-Fuels und Wasserstoff sind auch keine Alternative. Warum die Verbrennung von mit hohem Energieeinsatz hergestellter Stoffe in einem Verbrennungsmotor mit einem Gesamtwirkungsgrad von 12-20 % wirklich nicht sinnvoll ist, können Sie in unserer #RestartThinking-Artikelserie „Grüner Wasserstoff“ nachlesen.
Deutschland
Die Auto-Nation Deutschland konnte sich erwartungsgemäß nicht zur Zustimmung der Absichtserklärung durchringen. Da das deutsche Verkehrsministerium zukünftig von einem FDP-Minister geleitet wird, lässt auch für die kommende Jahre keine Positionsänderung erwarten.
Was sagt die Fahrzeugindustrie zum Ausstieg aus dem Verbrenner?
Wenigstens hat Mercedes als einziger deutscher Hersteller den Trend der Zeit verstanden und unterzeichnete u.a. mit GM, Ford, BYD, Volvo and Jaguar Land Rover, das Abkommen.
Wie gesagt, es handelt sich um eine Absichtserklärung, in wie weit diese tatsächlich umgesetzt wird, wird sich zeigen.
Sinnvoller Ersatz für den Verbrennungsmotor
Wie schon oft in unserem #RestartThinking Blog erwähnt, ist die Elektromobilität ein Schritt in die Mobilität der Zukunft. Die Betonung liegt aber auf „ein Schritt“, denn ohne den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und intelligenter Sharing-Konzepte, begleitet von entsprechenden Rahmenrichtlinien (z.B. Besteuerung) sind die Herausforderungen der Zukunft nicht zu meistern.
Es ist definitiv auch nicht sinnvoll E-Autos herzustellen, die noch größer, stärker und energiedurstiger sind. Leider finden Sie immer mehr Beispiele dieser Gattung auf den Produktionslinien der Hersteller:
Hersteller, Modell | PS | 0-100 km/h | Verbrauch (kWh/100 km) | Leergewicht |
Porsche Taycan | 408 PS | 5,4 Sek. | 20,4-24,8 | 2125 kg |
Mercedes EQC | 408 PS | 5,1 Sek. | 21,5-25,0 | 2495 kg |
Polestar 2 | 408 PS | 4,7 Sek. | 19,3 | 2123 kg |
Nio es8 | 534 PS | 4,9 Sek. | 19,7 | 2460 kg |
Hersteller von E-Sportmodellen, wie Lucid oder Rimac, tragen auch nicht zur Mobilität der Zukunft bei.
Derzeit wird auch der amerikanische Autohersteller Rivian gehypt. Der Hersteller hat mit Amazon einen Vertrag über 100.000 elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge bis zum Jahr 2030 abgeschlossen. Die ersten davon sind derzeit in der Testphase. Zudem wurden je ein SUV- und ein PickUp-Modell vorgestellt, welche seit dem Sommer 2021 ausgeliefert werden.
Das Lustige an der Geschichte ist allerdings der Hype, den Rivian zu Beginn des Jahres 2021 an der Nasdaq, der New Yorker Technologiebörse, ausgelöst hat. Obwohl bis zum Börsegang nur 42 (!) Fahrzeuge ausgeliefert wurden, konnte das Unternehmen beim Börsegang 11,9 Milliarden US Dollar Kapital einnehmen. Ob riesige Fahrzeuge mit einem enormen Ressourcenverbrauch die Lösung der Zukunft sind, bezweifle ich.
Was macht Tesla in dieser Hinsicht?
Ja, auch bei Tesla gibt es sehr schwachsinnige Modelle, wie die Performance-Rennversionen, früher unter dem Beinamen „Ludicrous“ heute unter „Plaid“ bekannt. Der SUV, Model X, schafft damit die 0 auf 100 km/h in irrsinnigen 2,6 Sekunden und hängt sogar Rennwagen ab, wie man in dem nachfolgenden Video sehen kann.
Das neuere Tesla Modell Y habe ich vor kurzem auf der Straße vor mir gehabt. Es ist optisch sehr gelungen und baut auf der Karosserie des Models 3 auf. Kurz gesagt: Ein hochgebockter 3er oder ein geschrumpftes Model X. Auch wenn das Teil sehr stylisch ist, hat es einen unnötig hohen Luftreibungswiderstand und damit einen höheren Verbrauch als kleinere Modelle.
Daher finde ich die folgende Idee von Tesla wunderbar:
Tesla hat das Einsteigermodel des Model 3 (früher bekannt als „Standard-Reichweite Plus“) mit einer höheren Akkukapazität ausgestattet. Statt 448 km nach WLTP schafft das Einsteigermodell jetzt 491 km, dafür gibt es kleinere Abstriche bei der Beschleunigung.
Das wird möglich, da dieses Modell 3 statt den bisherigen Batterien aus Nickel-Mangan-Kobalt mit Akkus aus Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) ausgestattet ist. Diese LFP-Akkus sind in der Herstellung günstiger und robuster, dafür ist das Batteriemanagement etwas weniger agil. In der Praxis braucht das Fahrzeug dann für die 0 auf 100 km/h statt früher 5,6 Sekunden nun 6,1 Sekunden.
Und ja, es gibt auch vernünftige E-Auto-Modelle:
- Kia E-Soul, ein komfortables Familienauto, mit einem realen Verbrauch von unter 16 kWh/100 km
- Hyundai Kona, ein praktisches E-Auto mit gelungenen Design
- Renault Zoe, der Renner seit Jahren für kurze Strecken und den Stadtverkehr
- Dacia Spring, dieses Fahrzeug wollen sich Freunde von uns bestellen, Details folgen noch.
Das Ende des Verbrennungsmotors
Eines ist fix: Alle, die auf E-Mobilität umgestiegen sind, wollen keinesfalls zurück zum Verbrenner. Damit schließt sich der Kreis zur „Declaration on accelerating the transition to 100% zero emission cars and vans“ wieder, denn manche Dinge erledigen sich von alleine.
Haben Sie Fragen oder Kommentare zum Thema E-Mobilität oder der Mobilität der Zukunft? Dann freue ich mich auf Ihre Nachricht.
Herzliche Grüße
Marlene Buchinger